Freitag 17. Juli 2020
Das Konzil am Wort

"Gaudium et spes" (Artikel 5-6)

 

Aus der Konstitution "Gaudium et spes. Über die Kirche in der Welt von heute"

 

5. Der tiefgehende Wandel der Situation

 

Die heute zu beobachtende Unruhe und der Wandel der Lebensbedingungen hängen mit einem umfassenden Wandel der Wirklichkeit zusammen, so daß im Bildungsbereich die mathematischen, naturwissenschaftlichen und anthropologischen Disziplinen, im praktischen Bereich die auf diesen Disziplinen aufbauende Technik ein wachsendes Gewicht erlangen.

 

Diese positiv-wissenschaftliche Einstellung gibt der Kultur und dem Denken des Menschen ein neues Gepräge gegenüber früheren Zeiten. Schon geht die Technik so weit, daß sie das Antlitz der Erde selbst umformt, ja sie geht schon an die Bewältigung des planetarischen Raumes. Auch über die Zeit weitet der Geist des Menschen gewissermaßen seine Herrschaft aus; über die Vergangenheit mit Hilfe der Geschichtswissenschaft; über die Zukunft durch methodisch entwickelte Voraussicht und Planung. In ihrem Fortschritt geben Biologie, Psychologie und Sozialwissenschaften dem Menschen nicht nur ein besseres Wissen um sich selbst; sie helfen ihm auch, in methodisch gesteuerter Weise das gesellschaftliche Leben unmittelbar zu beeinflussen.

 

Gleichzeitig befaßt sich die Menschheit in immer steigendem Maß mit der Vorausberechnung und Steuerung ihres eigenen Bevölkerungswachstums. Der Gang der Geschichte selbst erfährt eine so rasche Beschleunigung, daß der Einzelne ihm schon kaum mehr zu folgen vermag. Das Schicksal der menschlichen Gemeinschaft wird eines und ist schon nicht mehr aufgespalten in verschiedene geschichtliche Abläufe. So vollzieht die Menschheit einen Übergang von einem mehr statischen Verständnis der Ordnung der Gesamtwirklichkeit zu einem mehr dynamischen und evolutiven Verständnis. Die Folge davon ist eine neue, denkbar große Komplexheit der Probleme, die wiederum nach neuen Analysen und Synthesen ruft.

 

6. Wandlungen in der Gesellschaft

 

Damit aber erfahren die überlieferten örtlichen Gemeinschaften, wie patriarchalische Familien, Clans, Stämme, Dörfer, die verschiedenen Gruppen und sozialen Verflochtenheiten einen immer tiefer greifenden Wandel. Es breitet sich allmählich der Typ der Industriegesellschaft aus; einige Nationen gelangen durch ihn zu wirtschaftlichem Wohlstand; zugleich gestaltet er in Jahrhunderten gewordene Denk- und Lebensformen der Gesellschaft völlig um.

 

Entsprechend nimmt die Verstädterung zu, teils infolge des Wachstums der Städte und ihrer Einwohnerzahl, teils durch das Ausgreifen der städtischen Lebensart auf die Landbevölkerung. Die neuen und immer mehr vervollkommneten sozialen Kommunikationsmittel tragen dazu bei, daß man über das Zeitgeschehen informiert wird und daß sich Ansichten und Einstellungen rasch und weit verbreiten mit all den damit verbundenen Kettenreaktionen. Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Tatsache, daß Menschen, aus verschiedenen Gründen zur Wanderung veranlaßt, dadurch ihre Lebensart ändern.

 

So nehmen unablässig die Verflechtungen der Menschen untereinander zu und führt die "Sozialisation" zu immer neuen Verflechtungen, ohne aber immer eine entsprechende Reifung der Person und wirklich personale Beziehungen ("Personalisation") zu fördern. Diese Entwicklung zeichnet sich klarer ab in den durch wirtschaftlichen und technischen Fortschritt begünstigten Nationen; sie ergreift aber auch die Entwicklungsländer, die auch für ihre Gegenden die Vorteile der Industrialisierung und städtischen Kultur erringen möchten.

 

Gleichzeitig erfahren diese Völker, besonders jene mit alten Überlieferungen, eine Bewegung hin zu einem entwickelteren und persönlicheren Vollzug der Freiheit.

 

 

» Webtipp
  Sämtliche bisherige "Konzils-Happen" zum Nachlesen
  Konzils-Dokumente zum Nachlesen

 

 

 

 

 


 

"Das Konzil am Wort" ist ein besonderes Angebot zur Relecture der Konzilstexte: Tag für Tag und somit Stück für Stück kann man hier die Dokumente - von "Dei Verbum" bis "Inter Mirifica" mit- und nachlesen. "Das Konzil am Wort" ist ein Service von www.jahrdesglaubens.at in Kooperation mit www.erzdioezese-wien.at - dort kann das Service auch als täglicher E-Mail-Dienst abonniert werden.

 

Termine
Derzeit finden keine Termine statt.
Diözesanseiten
image Eisenstadt Graz-Seckau Wien St. Pölten Linz Gurk-Klagenfurt Salzburg Feldkirch Innsbruck
Medienreferat der Österreichischen
Bischofskonferenz

Stephansplatz 4/6/1

A-1010 Wien
http://www.jahrdesglaubens.at/