Freitag 17. Juli 2020
Das Konzil am Wort

"Gaudium et spes" (Artikel 57)

 

Aus der Konstitution "Gaudium et spes. Über die Kirche in der Welt von heute"

 

Zweiter Abschnitt: Einige Prinzipien zur richtigen Förderung der Kultur

 

57. Glaube und Kultur

 

Die Christen müssen auf der Pilgerschaft zur himmlischen Vaterstadt suchen und sinnen, was oben ist; dadurch wird jedoch die Bedeutung ihrer Aufgabe, zusammen mit allen Menschen am Aufbau einer menschlicheren Welt mitzuarbeiten, nicht vermindert, sondern gemehrt. In der Tat bietet ihnen das Mysterium des christlichen Glaubens wirksame Antriebe und Hilfen, jene Aufgabe mit größerer Hingabe zu erfüllen und vor allem den vollen Sinn solchen Tuns zu entdecken, so daß die menschliche Kulturbemühung innerhalb der ganzen und einen Berufung des Menschen einen hervorragenden Platz erhält.

 

Wenn nämlich der Mensch mit seiner Handarbeit oder mit Hilfe der Technik die Erde bebaut, damit sie Frucht bringe und eine würdige Wohnstätte für die gesamte menschliche Familie werde, und bewußt seinen Anteil nimmt an der Gestaltung des Lebens der gesellschaftlichen Gruppen, dann führt er den schon am Anfang der Zeiten kundgemachten Auftrag Gottes aus, sich die Erde untertan zu machen und die Schöpfung zu vollenden, und entfaltet er sich selbst; zugleich befolgt er das große Gebot Christi, sich in den Dienst seiner Brüder zu stellen.

 

Wenn überdies der Mensch sich den verschiedenen Fächern, der Philosophie und Geschichte, der Mathematik und Naturwissenschaft, widmet und sich künstlerisch betätigt, dann kann er im höchsten Grad dazu beitragen, daß die menschliche Familie zu den höheren Prinzipien des Wahren, Guten und Schönen und zu einer umfassenden Weltanschauung kommt und so heller von jener wunderbaren Weisheit erleuchtet wird, die von Ewigkeit her bei Gott war, alles mit ihm ordnete, auf dem Erdkreis spielte und ihre Wonne darin findet, bei den Menschen zu sein.

 

Ebendadurch kann sich der Geist des Menschen, von der Versklavung unter die Sachwelt befreit, ungehinderter zur Kontemplation und Anbetung des Schöpfers erheben. Ja unter dem Antrieb der Gnade wird er zur Erkenntnis des Wortes Gottes vorbereitet, das schon, bevor es Fleisch wurde, um alle zu retten und in sich als dem Haupt zusammenzufassen, "in der Welt war" als "das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet" (Joh 1,9).

 

Freilich kann der heutige Fortschritt der Naturwissenschaft und der Technik, die kraft ihrer Methode nicht zu den innersten Seinsgründen vordringen können, einen gewissen Phänomenalismus und Agnostizismus begünstigen, wenn die Forschungsmethode dieser Disziplinen unberechtigt als oberste Norm der Findung der Wahrheit schlechthin angesehen wird.

 

Ja es besteht die Gefahr, daß der Mensch in allzu großem Vertrauen auf die heutigen Errungenschaften sich selbst zu genügen glaubt und darüber hinaus nicht mehr sucht.

 

Doch diese Fehlentwicklungen ergeben sich nicht zwangsläufig aus der heutigen Kultur, und sie dürfen uns nicht dazu verleiten, ihre positiven Werte zu verkennen. Unter diesen sind zu nennen: die Pflege der Naturwissenschaften, unbedingte Sachlichkeit gegenüber der Wahrheit bei der wissenschaftlichen Forschung, die heute gegebene Unerläßlichkeit der Zusammenarbeit mehrerer in dafür organisierten Teams, der Geist der internationalen Solidarität, das immer wacher werdende Bewußtsein von der Verantwortung der Fachleute für den Dienst am Menschen und dessen Schutz, der Wille zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen aller, besonders jener, die die Verantwortung für sich selbst nicht übernehmen können oder kulturell zurückgeblieben sind. Das alles kann für die Aufnahme der Botschaft des Evangeliums in gewissem Sinn eine Vorbereitung bedeuten, die durch die göttliche Liebe von dem beseelt wird, der gekommen ist, die Welt zu retten.

 

 

 

» Webtipp
  Sämtliche bisherige "Konzils-Happen" zum Nachlesen
  Konzils-Dokumente zum Nachlesen

 

 

 

 

 


 

"Das Konzil am Wort" ist ein besonderes Angebot zur Relecture der Konzilstexte: Tag für Tag und somit Stück für Stück kann man hier die Dokumente - von "Dei Verbum" bis "Inter Mirifica" mit- und nachlesen. "Das Konzil am Wort" ist ein Service von www.jahrdesglaubens.at in Kooperation mit www.erzdioezese-wien.at - dort kann das Service auch als täglicher E-Mail-Dienst abonniert werden.

 

Termine
Derzeit finden keine Termine statt.
Diözesanseiten
image Eisenstadt Graz-Seckau Wien St. Pölten Linz Gurk-Klagenfurt Salzburg Feldkirch Innsbruck
Medienreferat der Österreichischen
Bischofskonferenz

Stephansplatz 4/6/1

A-1010 Wien
http://www.jahrdesglaubens.at/